Vitamin D hat in den letzten Jahren viel mediale Aufmerksamkeit bekommen und ist seither in aller Munde. Im wahrsten Sinne des Wortes, da immer mehr Menschen Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen – und das aus gutem Grund, wie aus unserem folgenden Artikel hervorgeht.
Was genau ist Vitamin D, wo kommt es vor, kann ich meinen Bedarf über die Ernährung decken? Wieso wird Vitamin D gerne als Sonnenvitamin bezeichnet? Wir gehen den häufig gestellten Fragen im folgenden Blogeintrag auf den Grund!
Vitamin D erfüllt nicht die klassische Definition eines Vitamines, da der Körper Vitamin D – im Gegensatz zu den restlichen 12 Vitaminen, theoretisch eigenständig in ausreichender Menge herstellen kann.
Ausgangsstoff im menschlichen Körper ist hierfür das Cholesterin bzw. Cholesterol – eine fettähnliche Substanz, die neben ihrer Rolle als Hormon- und Gallensäurevorstufe auch einen wichtigen Bestandteil der Zellmembranen darstellt. Über eine enzymatische Reaktion wird das Cholesterol, vornehmlich in der Leber, zu 7-Dehydrocholesterol umgewandelt, welches sich in der Epidermis oder Oberhaut, der äußeren Schicht der menschlichen Haut, wiederfindet.
Wenn Sonnenlicht, genauer gesagt UV-B-Strahlung der Wellenlänge 280-315 nm, auf die menschliche Haut trifft, wird das 7-Dehydrocholesterol über die Zwischenstufe Prävitamin D3 in das Vitamin D3 (Cholecalciferol) umgewandelt.
Über ein Transportprotein, das Vitamin-D-bindende Protein, wird das Vitamin D3 zunächst in die Leber und dann in die Nieren transportiert, wo jeweils eine sogenannte Hydroxylierungsreaktion stattfindet – und fertig ist das Endprodukt: Das aktive Vitamin D, Calcitriol oder 1,25-Dihydroxycholecalciferol.
Bei dem aktiven Vitamin D handelt es sich vielmehr um ein Hormon (Botenstoff), als ein Vitamin.
Es erfüllt seine vielfältigen Funktionen, indem es an einen spezifischen Vitamin D Rezeptor im Zellinneren bindet, welcher dann in den Zellkern wandert.
Im Zellkern angelangt bindet dieser Komplex aus aktivem Vitamin D und dem zugehörigen Rezeptor an das Erbgut (die DNA), wo es das Ablesen (Transkription) verschiedener Erbinformationen reguliert.
Zu den sogenannten Vitamin D-sensitiven Erbinformationen, also jenen, die durch Vitamin D gesteuert werden, gehören unter anderem Gene, die maßgeblich am Knochenstoffwechsel und der Immunfunktion beteiligt sind.
Zunächst ist ein ausreichender Vitamin D Spiegel essentiell um die Knochenbestandteile Calcium und Phosphat im Dünndarm zu absorbieren.
Weiterhin reguliert Vitamin D maßgeblich den Knochenauf- und abbau, über Förderung der Knochenmineralisation, beziehungsweise Bereitstellung von Calcium aus dem Knochen (über das Parathormon). Hierbei sei gesagt, dass der Knochen ständigen Auf- und Abbauprozessen unterliegt, weshalb ein gesundes Gleichgewicht dieser Prozesse unabdinglich ist.
Ein Vitamin D-Mangel kann folglich zu Störungen des Knochenstoffwechsels und Krankheiten wie Rachitis (bei Kindern) und Osteomalazie (bei Erwachsenen) führen.
Im Hinblick auf das Immunsystem hat Vitamin D einen Einfluss auf die Differenzierung (Reifung) diverser Immunzellen, darunter Monocyten, Makrophagen (Fresszellen) und Lymphocyten (z.B. B-Zellen & T-Zellen) und ist somit für die Funktion des angeborenen und erworbenen Immunsystems essenziell.
Auch für die Muskelfunktion ist Vitamin D essenziell. Vitamin D Mangelkrankheiten wie Rachitis und Osteomalazie gehen in der Regel auch mit muskulären Beschwerden einher. Die Muskelzellen weisen die spezifischen Vitamin D Rezeptoren auf. Vitamin D moduliert die Proliferation (Zellteilung und –wachstum) und Differenzierung (Reifung) von Muskelzellen, also die sogenannte Myogenese (Battault et al. 2013). Weiterhin sorgt Vitamin D durch seine essenzielle Rolle im Calciumstoffwechsel auch für eine optimale Kontraktionsfähigkeit der Muskulatur.
Wir haben uns nun angeschaut, wie Vitamin D hergestellt wird und welche Funktionen es im Körper erfüllt. Warum solltest Du Vitamin D nun einnehmen?
Die Antwort dieser Frage findet sich im Herstellungsprozess des Vitamin D.
In unserer heutigen Gesellschaft bekommen wir nicht genug Sonnenstrahlen (bzw. Strahlungsintensität) ab, um ausreichend Vitamin D zu produzieren.
Wir halten uns die meiste Zeit in Gebäuden auf – und wenn wir aus dem Haus gehen, verdecken wir den Großteil unserer Vitamin D-produzierenden Haut mit Kleidung. Im Sommer verwenden wir Cremes mit Lichtschutzfaktor, um unsere Haut vor den schädigenden Effekten des Sonnenlichts zu schützen – und unterbinden damit leider auch eine ausreichende Vitamin D Produktion. Unser individueller Hauttyp spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle – ebenso, wie unser Alter.
In unseren Breitengraden (Mitteleuropa) ist der Winkel der Sonneneinstrahlung außerdem die meiste Zeit des Jahres zu flach, um eine ausreichende UV-B-Lichtexposition zu gewährleisten – fällt die Strahlung zu flach auf die Erde ein, verteilt sie sich zwar über einen größeren Teil der Erdoberfläche, ist jedoch weniger stark.
Auch die Wetterverhältnisse entscheiden über unsere Sonnenlichtexposition: Ein wolkenbedeckter Himmel lässt weniger Strahlung durch und behindert so unsere Vitamin D Synthese.
Wie Du sehen kannst, hängt die Vitamin D Produktion unseres Körpers von einer Vielzahl von Faktoren ab und ist hoch individuell – aber im Allgemeinen spricht hierzulande ziemlich viel gegen eine ausreichende Synthese.
Ist es denn möglich den Vitamin D Bedarf über die Ernährung zu decken?
Kurz und knapp: Wohl kaum – es sei denn Du ernährst Dich in erster Linie von fettreichem Seefisch, Innereien und Hühnereiern.
Lebertran enthält von allen Lebensmitteln, sofern man ihn als solches zählen möchte, mit Abstand am meisten Vitamin D. Interessanterweise wurde das Sonnenvitamin sogar erstmals aus Lebertran isoliert.
Hering, Aal, Lachs und Sardine zählen mit über 10 µg pro 100 g zu den Spitzenreitern. Ein Hühnerei bringt es hingegen auf etwa 2,9 µg pro 100 g, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein durchschnittliches Ei es gerade einmal auf 50-60 g bringt.
Die Lebensmittelauswahl mit hohem Vitamin D Gehalt ist derart begrenzt, dass selbst die ansonsten hinsichtlich Nahrungsergänzungsmitteln sehr konservativ eingestellte Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) einer Supplementierung verhältnismäßig offen gegenübersteht.
Angenommen man hat keine Vorliebe für fetthaltigen Fisch, bzw. Fisch im Allgemeinen – oder isst diesen schlichtweg nicht in ausreichenden Mengen um die Vitamin D Versorgung zu gewährleisten, wie viel Vitamin D sollte man täglich einnehmen?
Die zuvor erwähnte Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Erwachsene „bei fehlender körpereigener Bildung 20 Mikrogramm pro Tag.“
Der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bestimmte Nutritional Reference Value (NRV) liegt bei lediglich 5 Mikrogramm pro Tag.
Letztendlich ist der sicherste Prädiktor für den individuellen Vitamin D Bedarf, wie bei allen biologischen Markern, eine Blutuntersuchung.
Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, kann seinen Hausarzt um eine Blutentnahme und anschließende Analyse bitten und entsprechend eine individuelle Supplementierung planen – was natürlich einen zu erreichenden Zielwert voraussetzt. Leider ist sich die Wissenschaft bezüglich dem optimalen Vitamin D Blutspiegel nicht ganz einig.
Gemäß dem Institute of Medicine (IOM) gilt ein Wert von 20 ng/mL für die Knochengesundheit als optimal (Chang und Lee 2019).
Andere Experten und Institutionen, wie beispielsweise die Endocrine Society (ENDO), die International Osteoporosis Foundation (IOF), die National Osteoporosis Foundation (NOF), die American Geriatrics Society (AGS) und das UK Scientific Advisory Commitee on Nutrition, sind der Ansicht, dass es einen Wert von mindestens 30 ng/mL benötigt, um Krankheiten vorzubeugen (Dobson et al. 2018; Chang und Lee 2019).
Letztendlich unterscheiden sich hier jedoch auch die Definitionen. In der Literatur sind verschiedene Begrifflichkeiten für eine Vitamin D Hypovitaminose zu finden.
So wird zwischen Mangel (Deficiency) und unzureichender Versorgung (Insufficiency) unterschieden.
Während ein Blutspiegel von etwa 25 nmol/L als ausreichend betrachtet wird, um einen Mangel (d.h. Mangelerkrankungen wie Rachitis und Osteomalazie) zu verhindern, werden von einigen Experten Blutspiegel von 50 oder sogar 75 nmol/L als optimal angesehen – der Bereich zwischen Mangel und optimaler Versorgung beschreibt entsprechend die unzureichende Versorgung, die mit Langzeiterkrankungen („long latency diseases“) und Dysfunktionen in Verbindung gebracht wird (Battault et al. 2013).
Wie man sieht, variieren außerdem die Einheiten der einzelnen Empfehlungen. 25 nmol/L entsprechen 10 ng/mL, während 75 nmol/L einem Wert von 30 ng/mL entsprechen.
Solltest Du Dich für eine Blutanalyse entscheiden, empfehlen wir Dir also eine entsprechende, individuelle Auswertung mit dem Arzt Deines Vertrauens.
Wieso wird der Vitamin D Gehalt in i.u. angegeben?
„i.u.“ steht für „international units“, also internationale Einheiten. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization; WHO) hat entsprechende Werte für die biologische Aktivität verschiedener medizinische Stoffe festgelegt.
Im Falle des Vitamin D entspricht 1 µg = 40 IE bzw. 1 IE entspricht 0,025 µg.
Was ist der Unterschied zwischen Vitamin D2 und Vitamin D3
Bei Vitamin D2, beziehungsweise Ergocalciferol, handelt es sich um eine Vorstufe des Vitamin D3 (Cholecalciferol), die beispielsweise in Pilzen vorkommt.
Vitamin D2 wird im Körper in Vitamin D3 überführt und übt somit die gleichen Funktionen aus.
Hinsichtlich der Wirksamkeit hat eine Meta-Analyse ergeben, dass Vitamin D3 die entsprechenden Blutspiegel effektiver anhebt, als Vitamin D2 (Tripkovic et al. 2012).
Sollte man Vitamin D3 mit Vitamin K2 kombinieren?
Der Gedanke der Notwendigkeit, die beiden Vitamine miteinander zu kombinieren ist verhältnismäßig neu. Hintergrund ist hauptsächlich die Annahme, dass ein ausreichender Vitamin K Spiegel die Calcifizierung der Blutgefäße, also die Einlagerung von Calcium in die Gefäßwand, unterbinden kann. Die Einlagerung von Calcium in die Gefäßwände macht die Gefäße unflexibel und steht mit cardiovaskulären Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) in Verbindung.
Vitamin D induziert die Herstellung bestimmte Proteine, deren Funktion wiederum von der Anwesenheit von Vitamin K abhängig ist (Van Ballegooijen et al. 2017). Nicht durch Vitamin K „aktivierte“ (carboxylierte) Proteine sind unter anderem mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer niedrigeren Knochenmineraldichte und Osteoporose assoziiert (Van Ballegooijen et al. 2017).
Eines dieser Proteine ist das sogenannte Matrix-Gla-Protein, welches durch Vitamin K aktiviert wird und so die Calcifizierung der Blutgefäße verhindert (Shioi et al. 2020).
Vitamin D steigert wiederum, wie zuvor erwähnt, die Aufnahme von Calcium aus dem Dünndarm. In der Theorie dient das Vitamin K in Kombination mit Vitamin D also dazu, das Calcium gezielt für die Knochenmineralisation zu verwenden und somit gleichzeitig die Gefäße vor einer „Verkalkung“ zu schützen.
Gemäß der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (European Food Safety Authority; EFSA) gelten auch hohe Dosen Vitamin D, von bis zu 4000 internationalen Einheiten täglich, als sicher (Dobson et al. 2018).
Auch wenn die EFSA sogar noch einen Schritt weiter geht, und bei gesunden Menschen ohne Vorerkrankungen selbst Dosen von 10.000 internationalen Einheiten als sicher ansieht, existieren noch keine ausreichenden Daten bezüglich möglicher Langzeitfolgen einer derartigen Supplementierung (Van Ballegooijen et al. 2017; Dobson et al. 2018).
Interessanterweise wird die Vitamin D Eigenproduktion bei zu viel UV-B Einstrahlung übrigens gedrosselt. Durch die Eigenproduktion kann es folglich nicht zu einer Hypervitaminose (Überdosierung) kommen.
Generell ist es sinnvoll, auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin K zu achten – bei Einnahme verhältnismäßig hoher Vitamin D Mengen eventuell umso mehr!
Gute Vitamin K Quellen sind vor allem grünes Blattgemüse und Kohlsorten (z.B. Brokkoli, Grünkohl), aber auch Kräuter und Algen. Alternativ kann es je nach Ernährungsform und Bedarf auch sinnvoll sein, auf ein Vitamin K Supplement oder ein solides Multivitamin zurückzugreifen.
Quellen:
Battault et al. 2013: Vitamin D metabolism, functions and needs: from science to health claims. European Journal of Nutrition, 52, 429-441, doi: 10.1007/s00394-012-0430-5.
Chang und Lee 2019: Vitamin D and health – the missing vitamin in humans. Pediatrics and Neonatology, 60, 237-244, doi: 10.1016/j.pedneo.2019.04.007.
Dixon und Mason 2009: Vitamin D. The International Journal of Biochemistry and Cell Biology, 41, 982-985, doi: 10.1016/j.biocel.2008.06.016.
Dobson et al. 2017: Vitamin D Supplementation. Practical Neurology, 18, 35-42, doi: 10.1136/practneurol-2017-001720.
Heany 2006: Vitamin D – the Iceberg Nutrient. Journal of Musculoskeletal and Neuronal Interactions, 6, 334-335, PMID: 17185812
Shioi et al. 2020: The Inhibitory Roles of Vitamin K in Progression of Vascular Calcification. Nutrients, 12, 583, doi: 10.3390/nu12020583.
Tripkovic et al. 2012: Comparison of vitamin D2 and vitamin D3 supplementation in raising serum 25-hydroxyvitamin D status: a systematic review and meta-analysis. The American Journal of Clinical Nutrition, 95, 1357-1364, doi: 10.3945/ajcn.111.031070.
Van Ballgooijen et al. 2017: The Synergistic Interplay between Vitamins D and K for Bone and Cardiovascular Health: A Narrative Review. International Journal of Endocrinology, doi: 10.1155/2017/7454376; PMID: 29138634